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Mancher, der im Wald »so für sich hin« schreitet, mag sich zwischendurch die bange Frage stellen, ob sein Wandeln auf dem eingeschlagenen Pfade Rechtens sei. Gewiss ist es üblich, durch den Forst zu stolzieren, als wäre er unser aller gemeinsames Eigentum - was beim Staatswald ja wohl auch stimmt: er gehört dem Staat, also uns. Und lange Zeit gab es sogar eine entsprechende Losung: »Vom Wald des Königs über den Wald des Staates zum Wald des Volkes«.
Fraglich wird die Sache beim Privatwald, der unzweifelhaft Besitz einzelner ist: Kann es Rechtens sein, dass man ihn so mir nichts, dir nichts einfach betritt? Jeder von uns würde sich das bei seiner Obstwiese oder gar seinem Vorgarten energisch verbitten.
Die Fragen sind nicht so töricht, wie sie manchem Waldspaziergänger scheinen mögen. Vor einigen Jahren war die Antwort darauf teils heftig umstritten. Erst 1975 hat sich dies geändert, als das Bundeswaldgesetz verkündet wurde. Dort steht es nun, im Paragraphen 14: »Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist gestattet« (ausgenommen sind allerdings militärische Anlagen). Das Betreten freilich geschieht allemal auf eigene Gefahr. Das gilt für Privatwald ebenso wie für staatliche Forsten.
Auch ein Privatbesitzer muss also dulden, dass Spaziergänger in seinem Wald herumlaufen. Unzweifelhaft eine Einschränkung des Eigentumsrechts - aber die steht als »Sozialbindung des Eigentums« bereits im Grundgesetz. Wenn es um das vielzitierte »Wohl der Allgemeinheit« geht, muss das Interesse am privaten Eigentum sich dem Gemeinschaftsinteresse unterwerfen. Und dass Waldspaziergänge das Wohl der Allgemeinheit fördern, wurde noch nie in Zweifel gezogen.
Das erwähnte Waldgesetz stammt, wie gesagt, vom Jahre 1975, aber ähnliche Regelungen gab es schon früher - beispielsweise in einem preußischen Gesetz aus dem Jahr 1922. Großen Einfluss auf den Paragraphen 14 des neuen Waldgesetzes hatte zudem die bayerische Verfassung; dort nämlich ist ausdrücklich jedermann der ungestörte Genuss von Naturschönheiten, die Erholung in der Natur, das Befahren von Gewässern, das Betreten von Wäldern und Bergwiesen gestattet - und auch das Sammeln wildwachsender Waldfrüchte, seien es Beeren oder Pilze.