Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Funktion des Waldes

Kapitel in: Funktion des Waldes

Der Wald schützt auch Weinbauanlagen

Wald
So halten Bäume am Berghang den Steinschlag auf. Auch wenn nicht alle Brocken liegenbleiben, so wird doch die Wucht der herabstürzenden Steine erheblich gebremst.

Der Wald wirkt ebenso als Klimaregulator: er gleicht Extreme aus. In Waldnähe wird es nie so kalt wie im freien Gelände, aber auch nie so heiß. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle. Der Wald selbst erwärmt sich weniger schnell, auch weniger stark als ein Feld. Er gibt andererseits die Wärme auch weniger eilig ab. An den Grenzstellen zwischen Wald und Feld entstehen durch die Temperaturunterschiede lokale Luftzirkulationen, die ebenfalls ausgleichend wirken. Funktion des Waldes

Große Bedeutung kommt dem Wald zu, wo er an Hängen über empfindlichen Kulturen oder Weinbaulagen wächst. Dort bremst er die Kaltluft, die sonst ungehindert die Hänge herabströmen und Schaden anrichten würde.

Überhaupt ist Wald in bergigem Gelände noch weit nützlicher als in der Ebene. Nur 3,5 Prozent des Waldes in der Bundesrepublik Deutschland stehen im Gebirge, nur 1,8 Prozent des Holzeinschlages kommen von dort. Warum also ist der Gebirgswald so wichtig, warum soll er etwas Besonderes sein?

Etwas Besonderes ist er vor allem deshalb, weil hier seinen Funktionen eine noch größere Bedeutung zukommt: weil die Berghänge viel steiler und länger sind als sonstwo, weil es fast überall anstehenden Fels mit natürlicher Verwitterung gibt und weil im Gebirge außerdem die Niederschläge viel höher als im Flachland sind.

Sehr wichtig ist er, weil die Täler hier viel dichter besiedelt sind als in anderen Waldgebieten, weil viel mehr Straßen Täler und Berghänge durchziehen. Und die Siedlungen sowie die Verkehrswege bis weit ins Alpenvorland sind gefährdet, wenn der Gebirgswald zu lückig wird. Der Gebirgswald ist das Musterbeispiel für den externen Ertrag, den ein Wald bringen kann. Im Flachland und im Mittelgebirge wird er doch noch großenteils als Wirtschaftswald betrachtet, der seinem Eigentümer nützen soll. Im Hochgebirge dagegen ist er ganz überwiegend Schutzwald. Seinem Eigentümer bringt er selten Gewinn. Er dient in erster Linie der Allgemeinheit.

Im Hochgebirge, beispielsweise in den nördlichen Alpen, nimmt die Wärme vom Tal zu den Gipfelregionen rasch ab, die Niederschläge nehmen zu. Daraus ergibt sich eine Dreigliederung des natürlichen Gebirgswaldes. Täler und Unterhänge sind mit Laubwäldern bedeckt, daran schließt sich das breite Band des Bergmischwaldes aus Laubbäumen, Fichten und Tannen an. Ab etwa 1500 Metern nehmen natürliche Nadelwälder zu, bis der Wald bei etwa 1800 Metern seine obere Grenze erreicht. Im Hochgebirge kann man auf wenigen Kilometern von Tal zu Berg genauso vielfältige Waldgesellschaften durchwandern wie im Flachland auf vielen Kilometern von Süd nach Nord.

Bäume sind Lebewesen, auch sie sind verletzlich. Wie konnte bei herabfallenden Steinen, abwärts rutschendem Schnee und herabschießendem Wasser in den Bergen immer wieder ein junger Wald nachwachsen? Die Natur hat da verschiedene Strategien entwickelt, um die Verjüngung zu sichern. Hauptbaumarten wie Buche, Tanne, Fichte und Bergahorn werden sehr alt; die Zahl der Lücken im Gebirgswald ist deshalb unter natürlichen Bedingungen gering. Im Laufe eines Baumlebens wird viel Humus am Waldboden angesammelt. Die Bäume bilden durch mehrere Jahrhunderte alle paar Jahre viele Samen. So ist der Waldboden fast ständig mit kleinen Baumsämlingen übersät; und sowie dann genügend Licht bis zum Waldboden durchdringt, beginnen sie schließlich zu wachsen.

Im Steilgelände spielt eine weitere Strategie der Natur eine große Rolle. Wo alte Bäume umgefallen sind, siedeln sich am Boden sofort raschwüchsige Pionierpflanzen wie Weidenröschen, Weide, Holunder, Eberesche oder Wildkirsche an. Sie stoppen den Abbau des angesammelten Humus, hindern zusammen mit den umgestürzten Bäumen Steine am Herabstürzen, Wassermassen am Herabschießen und die gewaltigen Schneemengen am Abrutschen. Im Schutz dieser Pionierpflanzen können die Hauptbaumarten langsam aufwachsen. Nach einigen Jahrzehnten haben sie die Pioniere überwachsen und bilden schließlich bei größeren Flächen für mehrere Jahrhunderte einen neuen, dichten Wald.

Der Mensch hat Gebirgswald gerodet, um Siedlungen, Äcker, Wiesen und Straßen anzulegen, hat Schneisen für Lifte und Abfahrten geschlagen. Wo er dabei die Schutzfunktionen des Waldes zu wenig beachtete, haben Lawinen, Steinschlag und Hochwasser die Siedlungen und häufig auch die dort lebenden Menschen vernichtet; in den Bergen rächen sich Vergehen am Wald meist sehr viel härter als in der Ebene.

Der Mensch hat dem Bergwald auch Holz entnommen - für seinen Hausgebrauch meist nur einzelne Stämme, für frühe Industrien (zur Erz-, Salz- und Kohlegewinnung) große Mengen in riesigen Kahlschlägen. Das Fällen der Bäume war einst sehr arbeitsaufwendig. Viel Laubholz und alle schwächeren Bäume blieben deshalb stehen. Überall siedelten sich sofort wieder die Pionierpflanzen an, kontrollierten den Abbau des Humus, verhinderten Steinschlag, Schneelawinen und Hochwasser - nicht so gut wie natürlicher Wald, aber immer noch befriedigend. Nach einigen Jahrzehnten konnten sich die Hauptbaumarten in ihrer natürlichen Mischung wieder durchsetzen. Das Gleichgewicht von Pflanzendecke und Pflanzenfressern war nicht gestört, die Schutzfunktionen wurden noch ausreichend erfüllt.

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