Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Wald als Wirtschaftsfaktor

Kapitel in: Wald als Wirtschaftsfaktor

Die Waldflächen nehmen jährlich zu

Insgesamt reicht unser eigener Holzertrag allerdings längst nicht mehr aus. Die Bundesrepublik Deutschland verbraucht jährlich etwa 60 Millionen Kubikmeter; in unseren Wäldern wurden in den letzten Jahren aber nur jeweils 26 bis 30 Millionen geschlagen. Es gibt Länder, die kein Holz einführen müssen: Kanada, Schweden, Norwegen und die GUS gehören dazu - die Bundesrepublik Deutschland nicht, obwohl sie zu den am dichtesten bewaldeten Ländern Europas zählt. Rund 30 Prozent ihrer Fläche, fast ein Drittel, sind von Wald bedeckt. Frankreich bringt es nur auf etwa 25 Prozent, Italien und Belgien haben je 20, Dänemark lediglich 11 und Großbritannien nur knapp 9 Prozent Bewaldung. Wald als Wirtschaftsfaktor

Oft wird geklagt, die Waldfläche gehe bei uns ständig zurück. Das stimmt nicht: die Menge des Waldes nimmt in der Bundesrepublik Deutschland von Jahr zu Jahr zu - wenn durch die auftretenden Waldschäden die Flächen nicht reduziert werden. In manchen Jahren wurden in der Bundesrepublik bis zu 70 000 Hektar zusätzliche Waldareale angepflanzt - mehr als das gesamte Gebiet des Naturparks Bayerischer Wald. Auch in den meisten anderen industrialisierten Ländern wird Jahr für Jahr mehr Wald angebaut als eingeschlagen. Dieses Aufforsten wird uns, die wir heute leben, freilich nichts mehr nutzen. Die Generation, die Wald anpflanzt, profitiert nicht davon - vielleicht die übernächste. Es ist ein Akt der Vorsorge.

Wem gehört der Wald? Fast die Hälfte ist in privater Hand. Die meisten Privatwälder sind allerdings keinen halben Quadratkilometer, weniger als 50 Hektar, groß. Bei einem Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe, zu denen Waldbesitz gehört, liegt der Anteil sogar unter einem Hektar. Rund 481000 Besitzer teilen sich, wie eingangs erwähnt, in den Privatwald, und man könnte meinen, dass sich besonders kleine Bestände im Sinne der Forstwirtschaft gar nicht ökonomisch bearbeiten lassen. Doch scheint dies, wie sich in den letzten Jahren zeigte, ein Irrtum zu sein: Viele dieser kleinen Waldstücke brachten im Verhältnis größeren wirtschaftlichen Nutzen als manche große Forstplantage - vielleicht, weil in den Bauernwäldern häufig noch nach Art der Großväter gewirtschaftet wird, die sich offenbar besser in das Lebensgefüge eines Waldes hineindenken konnten. Gemeint sind die Plenterwälder, in denen alle Bäume bunt durcheinanderwachsen und nur das herausgeholt wird, was man gerade braucht. So vorzugehen erscheint zwar nicht rationell im Sinn industrieller Betrachtungsweise, ist aber auf die Dauer eine gute, schonende und auch wirtschaftliche Methode.

Übrigens hat sich rund ein Drittel der Privatwaldbesitzer inzwischen zu forstwirtschaftlichen Zusammenschlüssen vereinigt, um gemeinsam Fachkräfte anzustellen, Maschinen zu kaufen, die Wirtschaftswege zu unterhalten und den Verkauf des Holzes zu betreiben. Es gibt in der Bundesrepublik gegenwärtig rund 1600 solcher Zusammenschlüsse, an denen über 140000 Betriebe beteiligt sind - durchschnittlich mehr als 80 Besitzer pro Vereinigung. Man könnte nun denken, dass diese zusammengeschlossenen Wälder jeweils ganz gewaltig wären. Sie sind es nicht: alle zusammen bringen es nur auf anderthalb Millionen Hektar. Da verbleiben - wiederum im Schnitt - nur etwa 1000 Hektar (oder zehn Quadratkilometer) für einen Zusammenschluss. Und noch einmal anders gerechnet, ergibt sich, dass jeder der 140 000 Betriebe statistisch nicht mehr als elf Hektar Wald eingebracht hat.

Diese Zahlen zeigen, aus welch bescheidenen Besitzungen sich fast die halbe Fläche der bundesdeutschen Wälder zusammensetzt. Überwiegend ist das Bauernwald, meist alter Familienbesitz schon seit dem Mittelalter, als der Dorfbesitz, das Allmendgut, das allen gehörte, an die einzelnen Bauern verteilt wurde.

Wer tritt ferner als Waldbesitzer auf? Unter anderem der Staat selbst, aber sein Besitz ist gering. In den Bundeswäldern sind vor allem militärische Anlagen untergebracht.

Hingegen machen die Landesforste - die man sehr häufig Staatswald nennt - fast ein Drittel der bundesrepublikanischen Wälder aus. Meist handelt es sich um größere, geschlossene Gebiete. Den meisten Staatswald finden wir im Land Bayern. Viele der Staatswälder kamen aus dem Besitz der einstigen Landesherren ins Eigentum der Länder. Auch der Kirchenbesitz ist dabei, der 1803 säkularisiert und in Landeseigentum übergeführt wurde. Was den Kirchen danach blieb, wird unter Privatwald gezählt.

Die dritte große Waldbesitzer-Gruppe neben Privatleuten und Ländern sind die Gemeinden. Kommunalwald ist meist der ehemalige dörfliche Allmendwald, der nicht an die einzelnen Bauern vergeben wurde. In Statistiken erscheint dieser Gemeindewald zumeist als »Körperschaftswald«, doch das ist irreführend. Denn der eigentliche Körperschaftswald macht in diesen Aufstellungen nur einen kleinen Prozentsatz aus - er gehört Stiftungen, Anstalten des öffentlichen Rechts und anderen Zweckverbänden.

Wem gibt der Wald Arbeit und Brot? Das ist nur pauschal zu beantworten; die Zahlen schwanken sehr. Welchen Teil seines Gesamtertrags verdankt der Landwirt dem Wald? Wie müsste er seine Arbeitskraft und die seiner Hilfskräfte anteilig bewerten? Viele bäuerliche Arbeitskräfte betätigen sich im Winter, wenn auf den Höfen wenig zu tun, im Forst aber die Haupteinschlagzeit ist, mit ihren Motorsägen mal da, mal dort in den Gemeinde- oder Staatswäldern. Wie bringt man das statistisch korrekt unter?

Alle offiziellen Zahlen leiden unter dieser statistischen Unsicherheit; wir wollen sie dennoch nennen. Demnach arbeiten im und am Staatswald (die Verwaltung eingerechnet) rund 30000 Menschen, im Körperschafts- und Gemeindewald etwa 23000 Arbeitskräfte, im Privatwald etwa 20000. Dazu kommt noch die große Zahl von betriebsfremden Arbeitskräften, oft Hilfskräften, die man auf etwa 18000 Menschen rechnet - zusammen also ein Heer von mehr als 90000 Männern und auch Frauen, die heute in unseren Wäldern Arbeit und Brot finden.

Nun muss man freilich noch die große Zahl derer hinzurechnen, die in holzverarbeitenden Betrieben beschäftigt sind. Diese Zahl ist nicht minder unsicher, weil nicht geklärt ist, was man unter einem Holzwirtschaftsbetrieb verstehen muss - zur Industrie und zum Handwerk gehört sicherlich auch der Holzhandel. So kann man rechnen, dass in den bundesdeutschen Betrieben, die Holzschliff, Zellstoff und Papier herstellen, etwa 48000 Menschen beschäftigt sind; in Unternehmen, die Waren oder Halbwaren - wie Latten und Leisten - aus Holz produzieren, 21000 Menschen, in der holzverarbeitenden Industrie 198000 Arbeitskräfte, im Holzhandwerk - wozu beispielsweise die Zimmerleute gehören - 354000 Menschen, in den Säge- und Hobelwerken sowie im Holzhandel jeweils etwa 27000. Das ergibt insgesamt 675 000 Beschäftigte, die vom Holz leben, nachdem es gefällt wurde. Allerdings leben sie nicht nur vom Holz unserer heimischen Wälder, es spielen auch kräftige Einfuhren eine Rolle.

Es kommt aber noch eine sehr große Zahl von Menschen hinzu, die indirekt vom Wald leben und ohne ihn viel geringere Verdienstmöglichkeiten hätten. Das sind alle jene, die am Tourismus mitverdienen oder ganz von ihm leben. Ein abgeholzter Schwarzwald würde rund 20000 Wirtsleute, Pensionsinhaber, Kellner, Köche, Fahrradverleiher und Wanderführer arbeitslos machen. Die Zahlen, um die es hier geht, sind kaum irgendwo erfasst; sie spielen aber bei der wirtschaftlichen Bewertung des Waldes eine große Rolle.

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