Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Geschichte der Forstwirtschaft

Geschichte der Forstwirtschaft

Kapitel in: Geschichte der Forstwirtschaft

Neue Regeln und Formeln für die Waldarbeit

Mit 37 Jahren war Georg von Langen der bestbekannte und gefragteste Forstspezialist weit und breit. Man holte ihn sogar nach Norwegen und Dänemark, damit er dort die Wälder nach seinem System in Ordnung brachte. Als er 1776 im 77. Lebensjahr starb, hinterließ er eine weithin berühmte Forstschule in Kopenhagen, eine Reihe erstklassig organisierter Forstverwaltungen, viele mustergültige Waldreviere und eine nicht mehr überschaubare Zahl von Schülern.


Du Hamel du Monceau zeigte 1766 in seinem umfangreichen Werk über Forst und Forstarbeit, wie man Reisig nutzt und was sich alles daraus machen lässt - beispielsweise (links oben) Schutzwehren für das Militär.

Einer von ihnen war Carl Christoph Oettelt, seines Zeichens Förster in den Hochfürstlich Sachsen-Gothaischen und Sachsen-Weimarschen Wäldern. Zunächst allerdings hatte Oettelt sich in die Kunst des Feldmessens vernarrt: Lange Jahre stieg er durch die Wälder, um sie kartographisch aufzunehmen. Dazu gehörte damals, die »Hiebe in ziemliches Verhältniß und Gleichheit« zu bringen, also die Reviere so einzuteilen, dass der Holzertrag von Jahr zu Jahr etwa gleich blieb. Mit der Vermessung war die wirtschaftliche Planung des Waldes verbunden.

Der mathematisch geschulte Oettelt entwickelte eine ganze Reihe neuer Regeln und Formeln, um die Fällarbeit im Wald vorauszuberechnen. Bald stieg er zum Oberförster, Wald- und Forstmeister auf. Sein Büchlein »Practischer Beweis, Dass die Mathesis bey dem Forstwesen unentbehrliche Dienste thue« ist noch heute ebenso nützlich zu lesen wie seine zweite Schrift, die »Abschilderung eines redlichen und geschickten Försters«.

In seinem »Practischem Beweis« schreibt er, und schier möchte man meinen, es sei dies Buch nicht fürs Jahr 1765, sondern für unsere Tage geschrieben:

In einem Forstexamine müste man fürnehmlich zu erfahren suchen, ob der Forstcandidat die Arten und den Gebrauch der Hölzer verstehe; ob er die Schläge vorteilhaft anzulegen und die Hölzer mit Verstand abzutreiben wisse; ob er auch die Erhaltung eines Forsts verstehe, welche nicht darinnen bestehet, dass ich gar keine Hölzer schlagen lasse und den Forst nicht nutze; sondern dass ich den Forst so viel wie möglich nutze, aber dabey solche Anstalten vorkehre, dass es nie an dem nöthigen Holz fehlen möge, wohin auch die Holzsaat gehöret, die man verstehen muss

Nicht minder modern Oettelts Darlegungen in der »Abschilderung eines Försters«:

Er ist bemühet, vor allen Dingen eine Erkänntniß von den Arten der Hölzer, ihren Eigenschaften und ihrer Nutzbarkeit zu erlangen. Er ist besorgt, eine Wissenschaft zu erlangen, wie sie erzogen, erhalten und ihr Anbau befördert werden könne. Und weil nicht jede Holzart auf jedem Boden fortkommt, so sucht er zu lernen, auf welchem Boden diese oder jene Holzsorte am besten fortkommt und gedeyet. Ohne die Erkänntniß dieser Stücke und anderen Hülfswissenschaften ist an eine gründliche Forstwissenschaft nicht zu gedenken.

Wie weit ein Forstmann wie Oettelt damals schon in die Zukunft projektierte, hat Friedrich Schiller festgehalten. Der nämlich traf, als er in Ilmenau zur Kur war, Oettelt im Wald und ließ sich dessen Pläne erklären, die bis ins Jahr 2050 reichten. Und Schiller, der von Forstleuten bis dahin nicht viel mehr wusste, als dass sie Hasen jagten, notierte ergriffen:

Nein! Bei Gott, ich hielt euch Jäger für sehr gemeine Menschen, deren Thaten sich über das Tödten des Wildes nicht erheben. Aber ihr seyd groß: Ihr wirket unbekannt, unbelohnt, frei von des Egoismus Tyrannei, und Eueres stillen Fleißes Früchte reifen der späteren Nachwelt noch. Held und Dichter erringen eitlen Ruhm. Führwahr, ich möchte ein Jäger seynl

Schiller blieb bei der Schriftstellerei, er wurde kein Forstmann mehr - wohl aber sein Sohn Karl. Der brachte es zum Forstmeister.

Etwa zur gleichen Zeit wie Oettelt ließ auch ein Franzose sich die Wissenschaft vom Walde angelegen sein, samt dessen praktischer Nutzung: du Hamel du Monceau. Sein fünfbändiges Werk vom Jahr 1766 (ein Jahr zuvor war Oettelts »Practischer Beweis« erschienen) erwies sich als so ausgreifend wie der eingedeutschte Titel: »Von Fällung der Wälder und gehöriger Anwendung des gefällten Holzes oder wie mit dem Schlagholz, halb und ganz ausgewachsenen Oberholz umzugehen und alles benannte Holz richtig zu schätzen und anzuschlagen ist«. Carl Christoph Oelhafen von Schöllenbach, »Wald-Amtsmann der Reichs-Stadt Nürnberg«, hat die Bücher damals hervorragend übersetzt. Selbst heute ist es nicht nur lehrreich, sondern ein Vergnügen, sie zu lesen.

Du Hamel war genaugenommen kein Forstmann, sondern Naturwissenschaftler: ein Theoretikus. Aber seine Kenntnisse vom Wald und von der Waldarbeit waren profunder als die der meisten Oberforstmeister jener Epoche. Ohne Verlegenheit gab er zu, dass er viele Erfahrungen nur den Waldarbeitern verdanke:

Ich verachte diese Leute nicht, die in den Wäldern geboren und erzogen worden sind und von Jugend auf ganz allein ihrer Arbeit gelebt haben. Der Schweiß und Staub, mit dem sie bedeckt sind, ihre von der Sonne verbrannte oder vom Frost runzlig gemachte Haut machen nicht, dass ich sie geringschätze. Ich habe mich oft mit diesen ehrlichen Leuten unterhalten und einen guten, natürlichen Verstand angetroffen. Ich gestehe mit Vergnügen, dass sie meine ersten Lehrmeister gewesen sind.

Noch viele Forstleute hätten verdient, hier ausführlich gewürdigt zu werden - beispielsweise Heinrich von Cotta, der Geometer und Forstmeister aus Jena, oder der spätere preußische Forstdirektor Georg Ludwig Hartig. Mit diesen Männern begann ums Jahr 1800 die klassische Forstwirtschaft - ein Begriff, den man weit fassen kann: Sie entwickelte sich parallel zur Klassik in Kunst und Geisteswissenschaften - in hochgemuten, doch auf Ordnung bedachten Bahnen.

Cotta war ein scharfer Rechner. Er perfektionierte in seiner Meisterschule (die er als Zweiundzwanzigjähriger gegründet hatte) die forstliche Betriebsrechnung; später leitete er die erste Forstakademie der Welt, die er mit seiner Meisterschule zusammenlegte, in Tharandt bei Dresden.

Georg Ludwig Hartig profilierte sich als einer der ersten studierten Forstleute; er hatte »Kameralwissenschaften« belegt, die Lehre von der Staatsverwaltung. Auch er gründete schon in jungen Jahren - mit 25 - eine Forstmeisterschule, war dann württembergischer Forstverwaltungschef und mit 47 Jahren sogar Leiter der preußischen Staatsforstverwaltung.

Cotta und Hartig gehören zur großen Reihe der Fachleute, welche die Erkenntnisse der Forstwissenschaft gesammelt, wissenschaftlich formuliert und mit großem Fleiß zu einem einheitlichen System zusammengefügt haben.

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