Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Wald in der Malerei

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Tausend Grün auf der Palette

Gibt es ein stärkeres Augen-Entzücken als den herbstlich buntverfärbten Wald? Kein Wunder, dass die Maler das flirrende Spiel seines Blättermeeres so gerne auf die Leinwand bannen: zahllos sind die Waldbilder neuer, alter und ältester Zeit - Bilder, gezeichnet, geschnitten, getuscht, in Stein gekratzt oder in Kupfer gestochen, aquarelliert oder in Öl gemalt; Bilder, die das Naturverständnis ihrer Zeit spiegeln. Wald in der Malerei

Grabower Altar - Meister BertramGott erschafft die Pflanzen - die vierte Tafel des »Grabower Altars«, der einst in Hamburgs St. Petri-Kirche stand. Meister Bertram malte ihn um 1379.

Die ersten Baumbilder künden von uralten Mythen, sie schmücken mönchische Evangeliare aus romanischer Zeit. Aber Frömmigkeit war das eine, und erwachender Handwerkerwitz das ganz andere: bald gab es Bilder, die Technisches zeigten, etwa das Fällen der Bäume und das Entasten. Der berühmte Teppich von Bayeux aus dem späten elften Jahrhundert führte gar vor, wie man Schiffsmasten zuhaut. Dass man »das Malerische« des Waldes noch kaum würdigen konnte, lag nur zum Teil an den Darstellungsmitteln; zum größeren Teil lag es daran, dass die Menschen des Frühmittelalters den Wald als unhold empfanden, als fremd: sie scheuten sich schlicht, den Wald zu malen. Was blieb, waren Staffagebäume, flächenhaft-ornamental, als Zutat zu biblischen Szenen. Je mehr kirchlicher Einfluss abnahm, je besser der rodende Mensch vertraut wurde mit dem Leben im Wald, desto aufmerksamer studierte er dessen Erscheinungsformen: ihm wurde wichtig, sich ein Bild davon zu machen.

Die naturwissenschaftliche Neugier der Renaissance rückte auch Baum und Strauch ungescheut näher - in andachtslosen, aber detaillierten Studien erkunden Albrecht Dürer und Leonardo da Vinci die Proportionsgeheimnisse wachsenden Holzes. Zugleich erwacht ein neues Raumgefühl: das Malen »nach der Natur« erobert die Landschaft in ihrer Tiefe. Vornehmlich die Donauschule befördert dann - zu Beginn des 16. Jahrhunderts - die Lust der Deutschen am gemalten Wipfelrauschen: Albrecht Altdorfers »Waldlandschaft mit dem heiligen Georg« gilt als erste Schöpfung der gemütergreifenden deutschen Waldbildnerei.

Donaulandschaft - Albrecht AltdorferDie Donaulandschaft mit dem Schloss Wörth bei Regensburg, die Albrecht Altdorfer um 1520 malte, gilt als erstes reines Landschaftsgemälde.

Zunächst aber, im Barock, wendet das Malinteresse sich zurück ins Dekorative - der Wald ist da zuallererst Schauplatz der Jagd, heroische Landschaft, herausgepinselt als Gegenwelt zur höfischen Etikette, als Szenerie freundlich-arkadischer Bilder. Das Rokoko probt dann bereits den unernsten, leichten, idyllegeneigten Umgang mit Wald und Hain - schlicht und geruhsam geht's zu in den Gemälden von Fragonard wie Boucher, Gainsborough wie Watteau.

Und doch ist das Dunkle, Bedrohliche, dies stete Ineinander von Gefahr und Verlockung im Wald, den Künstlern allezeit bewusst geblieben - am deutlichsten in der Romantik, die uns den Wald nicht bloß ausmalt als Ort der Inspiration (bei Philipp Otto Runge), als lauschigen Treff der Märchen- und Sagengestalten (bei Ludwig Richter, Moritz von Schwind), sondern zugleich als dräuendes Stimmungs-Erlebnis: Wald ist - bei Caspar David Friedrich - Unendlichkeit der Natur, durchweht von Gottes Atem, Baumwerk, gebrochen, geborsten, vermodernd wie Menschengebein. Die blätterverwirbelnden Licht-Taifune des Engländers William Turner zeigen, ebenso wie die todesbangen Herbstwaldgemälde des Schweizers Arnold Böcklin, dass die Epoche vom Wald sensuell äußerst erregt wird.

Park Chigi - Johann Martin  von Rhoden
Johann Martin von Rohden, der in reiferen Jahren hessischer Hofmaler wurde, stellte vor allem Landschaften dar. Hier ist es der Park Chigi bei Rom (links). Das Bild entstand 1823/24.

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