Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Flechten

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Empfindlich gegen Umweltveränderung

SchwefelflechteDie gelbe Schwefelflechte wächst an der Unterseite von Felsüberhängen.

Flechten wachsen das ganze Jahr über, auch im Winter. Doch als wechselfeuchte Organismen - die nicht wie die Blütenpflanzen an einen bestimmten Wassergehalt gebunden sind - zeigen sie aktives Leben nur, solange die Witterung feucht ist; bei Trockenheit hingegen »ruhen« sie. Gerade diese Eigenschaft erlaubt es ihnen, an Standorten zu leben, die den wasserbedürftigen Blütenpflanzen verwehrt sind - beispielsweise auf nacktem Fels und auf Baumrinde. Wenn es regnet, werden die Flechten durchfeuchtet, ihre Stoffwechseltätigkeit wird angeregt. Herrscht aber Dürre, so trocknen sie aus, ohne wesentliche Nachteile zu haben. Ein Verwelken gibt's bei ihnen nicht. Gemeinsam sind sie stark

Manche Flechtenarten leben sogar an der Unterseite von Felsüberhängen, so etwa die leuchtendgelben Schwefelflechten, und in tiefen Borkenrissen der Bäume, wo niemals ein Regentropfen hindringt. Diese Arten begnügen sich mit der schieren Luftfeuchtigkeit.

In unseren Wäldern gibt es viele derartige Flechten. Manche Arten sind winzig klein und offenbaren ihre eigenartigen, bisweilen recht attraktiven Formen erst unter der Lupe. Etliche Flechten leben mit ihrem Lager weitgehend in der Rinde des Baums, und nur die vom Pilz gebildeten Fruchtkörper treten nach außen. Ein relativ bekanntes Beispiel ist die Schriftflechte, die ihren Namen von der runen- oder schriftartigen Gestalt ihrer Fruchtkörper hat.

Immer wieder stellen besorgte Naturfreunde die Frage, ob der Flechtenbewuchs den Bäumen nicht schade. Nun, Flechten sind keine Baumparasiten: sie sitzen lediglich der Baumborke auf, und die ist zwar ein den Baum schützendes, aber doch totes Gewebe. Allenfalls der äußerst üppige Flechtenbewuchs in feuchten Gebirgswäldern, der die Baumwipfel schier zu erdrücken scheint, kann beeinträchtigend wirken, indem er den Bäumen Licht wegnimmt und die Gefahr des Schneebruchs erhöht, denn der sparrige Flechtenbesatz vergrößert die Oberfläche und damit die Schneelast.

Wie vermehren sich Flechten? Viele Flechtenpilze bilden Fruchtkörper: kleine flache Scheibchen oder schüsselförmige Gebilde, worin dann die Sporen entstehen, welche ausgeschleudert und mit dem Wind davongetragen werden. Soll es zur Fortpflanzung kommen, muss die Spore auf die passende Alge treffen. Ist dies der Fall, dann umspinnen die auskeimenden Pilzfäden die Algenzellen, und ein neues Lager bildet sich. Dies Zusammentreffen ist natürlich ein großer Zufall. Ist die passende Alge nicht in unmittelbarer Nähe der auskeimenden Spore, dann entsteht auch keine Flechte. Manche Flechtenarten haben deshalb eine andere Fortpflanzungsart entwickelt: sie pflanzen sich nur noch durch Ableger fort - staubfeine Körperchen, die an der Lageroberfläche gebildet werden, oder leicht abbrechende Wärzchen, welche Alge und Pilz enthalten. Nach ihrer Ausbreitung können sie zu neuen Flechtenlagern auskeimen.

In naturnahen Wäldern spielen Flechten eine bedeutende Rolle - in größeren Revieren wachsen oft Hunderte von Arten. Doch je intensiver die forstliche Nutzung, desto stärker geht die Anzahl zurück - besonders wenn die Bäume früh gefällt werden, wenn nur noch wenige Baumarten das Waldbild bestimmen oder wenn gar Kahlschlag praktiziert wird. Flechten sind empfindlich gegen Umweltveränderungen - seien es klimatische Veränderungen im Waldesinnern, wie sie durch übermäßigen Wegebau herbeigeführt werden, oder Belastungen durch Luftverunreinigungen. Je mehr Flechtenarten in einem Wald zu finden sind, desto deutlicher das Indiz, Dass dessen Ökosystem noch gesund ist.

Bartflechte
Diese strauchig abstehende Bartflechte zeigt zahlreiche bewimperte Fruchtkörper. Sie lebt zumeist in kühlen, feuchten Tälern auf den Ästen von Laubbäumen.


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