Der deutsche Wald kann mehr als rauschen

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Geschichte des Waldes

Kapitel in: Geschichte des Waldes

Die ersten Bilder im Buch der Natur

Was tat sich vor Millionen von Jahren auf der Erde? Welche Pflanzen und Tiere gab es damals, wann keimten überhaupt die ersten Bäume und wuchsen die ersten Wälder? Die Natur hat das alles gewissenhaft notiert: Versteinerungen und - was die Bäume betrifft - vor allem die riesigen Kohlenlager, die in der Karbonzeit entstanden, sind für unsere Wissenschaftler wie ein offenes Lehrbuch der Naturkunde. Geschichte des Waldes

Blatt des Zimtbaumes
Dieser Abdruck in einem Kohleflöz ähnelt dem Blatt des Zimtbaumes, der heute in China und Indochina heimisch ist. Die ersten Laubbäume hatte oft riesige Blätter.

In den Mythologien und Religionen der Erde kommt den Bäumen und Wäldern seit je besondere Bedeutung zu. Noch heute verehren die Aborigines, die Ureinwohner Australiens, Bäume als ihre Vorfahren aus legendärem Traumland. Auch die Bibel rückt - im zweiten Kapitel des ersten Buches Mose - einen Baum, den Baum der Erkenntnis, in den Mittelpunkt ihrer Paradieserzählung; im dritten Kapitel können wir lesen, dass ein Cherub mit blankem Schwert den Baum des Lebens bewacht - ein Schutz, von dem man sich wünschte, dass er all unseren Bäumen und Wäldern heute zuteil werden könnte ...

Und natürlich hat es seine triftige Bewandtnis, dass der Gott des Alten Testaments bereits am dritten Schöpfungstag die Bäume schuf, während Adam noch weitere drei Tage auf seinen Auftritt warten musste. Fast alle Wissenschaftler stimmen darin überein, dass die ersten Baumgebilde, wie sie sich heute in Versteinerungen präsentieren, annähernd 400 Millionen Jahre alt sind. Und der Mensch? Würde man die Entstehungszeit der Wälder gleichnisartig zusammendrängen auf ein einziges Jahr, dann träte der Mensch, der Homo sapiens, gerade erst am allerletzten Tag auf den Plan, wenige Stunden vor Silvester.

Nach heutigem Maßstab waren die ersten Bäume der Erdgeschichte durchaus keine Prachtexemplare - mit Ach und Krach wurden sie halbmeterhoch, gelegentlich auch ein, zwei Handspannen höher, und etwa zwei Zentimeter dick. Die Vorgänger unserer Linden und Eichen waren ebensowenig imstande, mit Hilfe ihrer Wurzeln Nahrung aufzunehmen wie sich fortzupflanzen mittels Blüten und Knospen. Damals, vor 400 Millionen Jahren, ernährten die Zwergbäume sich über Fasern, die bis zu den Wasserstellen reichten, und verbreiteten sich über Sporen nach Art der Farne. Blühende Bäume hätten damals geringe Chancen gehabt, sich zu vermehren; noch gab es keine Insekten, die den Transport des Blütenstaubs besorgen konnten.

Gräser und Kräuter waren noch nirgends zu sehen - jedenfalls nicht an Land. Im Meer hatte das pflanzliche Leben eine vergleichweise höhere Organisationsstufe erreicht. Man nimmt an, dass die Vorläufer der irdischen Vegetation - sozusagen die Stammväter unserer Urbäume - Algen waren, die von der Flut auf das Land gespült wurden und dort überlebten. Dass diese ersten Algen, die sich an Land mit Flüssigkeit versorgen konnten, biologisch herkommen von gewissen Einzellern im Meer - dies immerhin scheint nachgewiesen, auch wenn zwischen einzelnen Stadien ihrer Entwicklung schier endlose Zeitspannen liegen, immer mal wieder ein paar Millionen Jahre.

Indessen, wie ging es späterhin weiter? Auch hiervon hat man heute recht klare Vorstellungen. Die zufällig angeschwemmten Grünalgen entwickelten sich: Wurzelsysteme entstanden, die es den Pflanzen erlaubten, sich aus dem Boden mit Wasser zu versorgen; durch Chlorophyll waren sie fähig zur Photosynthese, das heißt, sie vermochten Kohlendioxid und Wasser unter dem Einfluss des Sonnenlichts umzuwandeln in Nährstoffe. Also wurden die Aufgaben geteilt: die Wurzeln sorgten für genügend Wasser- und die oberirdischen Teile der Pflanze, vor allem die Blätter, nahmen die Sonnenenergie auf. 50 Millionen Jahre, nachdem die ersten aus den Algen entwickelten Bäumchen an Flussmündungen genügend Wasser gefunden hatten und genügend Schutz vor der Meeresflut und den Winden, gab es in unseren Breiten die ersten Wälder.

Aber was heißt »in unseren Breiten«? Vor 400 Millionen Jahren begannen die damals zusammenhängenden Festlandmassen auseinander zu driften, und vor 350 Millionen Jahren waren die Kontinente noch lange nicht an ihrer heutigen Stelle. Was heute Mitteleuropa darstellt, lag auf einer Kontinentalplatte südlich des Äquators. Kein Wunder, dass das heutige Deutschland damals von tropischem Urwald bedeckt war.

Riesige feuchtwarme Regenwälder entstanden, deren gigantische Bäume 80 Meter hoch in einen Himmel wuchsen, welcher noch keineswegs so sauerstoffträchtig war wie heute. Manche Bäume hatten Blätter von zwei Metern Breite; andere begannen, statt Äste oder Zweige zu entwickeln, sich einfach zwei- oder dreizuteilen; bei wieder anderen wuchsen die Blätter direkt am Stamm. Farnsträucher (eigentlich eher »Farnbäume«, zehn Meter hoch) sowie riesige Bärlapp- und Schachtelhalmpflanzen boten, im sumpfigen Untergrund wurzelnd, den Tieren Unterschlupf, die es inzwischen gab - zum Beispiel Lurche und die imposanten Riesenlibellen.

Weil aber die rauhe Schale dieser Tropengewächse einen zarten Kern umschloss - fast der ganze Stamm bestand aus Rinde -, knickten die Baumgewächse schon bei mäßigen Wind- oder Wasserbewegungen und versanken im Morast. Davon haben wir noch heute den Profit; denn unter dem Druck der später darübergeschwemmten Geröllmassen bildete sich, durch Erdwärme gefördert, im Lauf von Jahrmillionen aus den vorgeschichtlichen Bäumen just der Stoff, der uns Menschen dann die notwendige Energie zur Industrialisierung lieferte: die Steinkohle.

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